Montag, September 25, 2006

Alarmierende Uno-Studie

Im Schatten der Abstimmungsdiskussionen ging eine wahrhaft alarmierende News beinahe unter, deren Konsequenzen - auch was die Migration angeht - die Ereiferung um den Urnengang gehörig relativieren.

Der Klimawandel ist nicht mehr zu verhindern, allenfalls ist das Ausmass der Erwärmung noch beeinflussbar. Zu diesem Ergebnis kommt der neue Klimabericht der Vereinten Nationen, der der "Welt am Sonntag" vorliegt. Der "streng vertrauliche" Entwurf liege den Regierungen vor und gehe in seinen Ergebnissen zum Teil weit über den UN-Klimabericht von 2001 hinaus.
Wie das Blatt berichtet, erwartet das Berliner Umweltministerium auf der Basis der Daten bis zum Jahr 2100 weltweit eine mittlere Erwärmung um drei Grad Celsius. Deutschland werde unter bisher unbekannten Hitzewellen und Dürreperioden leiden. Im Sommer würden die Temperaturen deutlich über 40 Grad steigen. Die Arktis werde im Sommer eisfrei sein. Die Studie ist Grundlage für den vierten UN-Klimabericht, der im kommenden Jahr verabschiedet werden soll.
Die darin enthaltenen Warnungen gingen zum Teil weit über die des vorigen Berichts hinaus, berichtet die "WamS" und beruft sich dabei auf eine interne Stellungnahme des Umweltministeriums. Mit den Prognosen verbinden die Wissenschaftler unter anderem schwerwiegende Folgen für die europäische Landwirtschaft. Die grössten Verluste in der Landwirtschaft werde es im Mittelmeerraum, im südwestlichen Balkan und im Süden Russlands geben. Rund die Hälfte der europäischen Pflanzenwelt sei durch den Klimawandel "gefährdet, vom Aussterben bedroht oder akut vom Aussterben bedroht". Dramatisch seien die Auswirkungen auch auf die Alpen. Bis zum Jahr 2050 rechnen die Autoren des UN-Berichts damit, dass kleine Gletscher verschwinden und größere Gletscher um bis zu 70 Prozent abschmelzen.
Die Folgen wären gravierend: Eine UN-Studie vom vergangenen Monat kam zu dem Schluss, dass ein Temperaturanstieg um drei Grad für 400 Millionen Menschen den Hungertod bedeuten könnte - als Folge von Wasserknappheit und unfruchtbarem Land.


Und auch von der Arktis wird Beunruhigendes berichtet:

Das ewige Eis des Arktischen Ozeans rings um den Nordpol ist zwischen 2004 und 2005 plötzlich und rapide um 14 Prozent geschrumpft. In dieser Zeit habe das Ganzjahres-Eis um 730'000 Quadratkilometer abgenommen - das ist mehr als die doppelte Fläche Deutschlands. Das teilten die US-Raumfahrtbehörde Nasa und der US-Verband für Geophysik mit. Langfristig könnte sich diese Entwicklung dramatisch auf die Umwelt und die Schifffahrt auswirken, hiess es. Die Eisschmelze heizt den Treibhauseffekt zusätzlich an, denn Eis reflektiert Sonnenstrahlen stärker als die dunklere Meeresoberfläche.(Weitere Infos z. B. hier.


Einmal mehr: Meint ihr nicht, es wäre an der Zeit, euer Verhalten an der Realität zu messen?

Abstimmung - Herrje!

Antwort auf entsprechenden Eintrag in Ignoranz.ch
Ja, Blocher war tatsächlich äusserst inkonsequent. Dabei hatte er noch versprochen, auf Propaganda zu verzichten. Dann kam ein Auftritt nach dem anderen - und die feige Weigerung, an kontradiktorischen Diskussionen teilzunehmen. Aber seine Anhänger haben ein ähnlich kurzes Gedächtnis wie er und werden sich an das Versprechen nicht mehr erinnern und seine Lügen, so sie sie überhaupt wahrgenommen haben, ebenso schnell vergessen. Sie leiden auch an der gleichen Realitätsverschiebung: Bereits wurde geäussert, die “Linken” hätten gelogen - natürlich wie immer ohne ein einziges Beispiel zu nennen.
Ich denke nicht, dass ab sofort mehr Fremdenfeindlichkeit herrscht. Vielmehr bildet das Resultat einen bedenklichen gesellschaftlichen Trend ab. Mich frappierte die Hartherzigkeit, mit der die Befürworter (auch in diesem Forum) argumentiert haben: Ausländer sind prinzipiell kriminell, wollen uns nur ausnehmen. GegnerInnen der Vorlage sind verblendete “Gutmenschen”, wer Mitgefühl äussert, drückt “auf die Tränendrüse”, weil ihm/ihr “die Argumente” ausgehen.

Vielleicht setzen sich die gleichen Leute jetzt konsequenterweise für massiv erhöhte Entwicklungszusammenarbeit ein, damit die Armen der Welt keinen Grund mehr haben, bei uns anzuklopfen, und damit wenigstens ein Teil der Fluchtgelder, auf denen “unser” Reichtum fusst, zurück in die Ursprungsländer zu den rechtmässigen Eigentümern geht?

Mir grausts ziemlich vor dieser unsolidarischen, ja asozialen Selbstgerechtigkeit, die hier manchen Postern durch die Zeilen trieft.

Schäme ich mich für mein Land? Nun, die Abstimmung steht jedenfalls konträr dem Bild gegenüber, das ich von meiner Schweiz habe. Von der oben erwähnten Selbstgerechtigkeit zum Judenstempel ist es nur ein kleiner Schritt.

Montag, April 24, 2006

Wenn das Meer sauer wird

Nicht nur das Klima leidet unter dem zunehmenden CO2-Anteil in der Atmosphäre, sondern auch Organismen im Meer: Kalkalgen, Muscheln, Schnecken, Korallen – die Bewohner von Kalt- und Warmwasserriffen in den Weltozeanen verschwinden allmählich.
CO2 ist eine Säure. Dass sich nun immer mehr davon in den Weltmeeren löst, schafft Lebewesen mit Kalkgehäusen grosse Probleme: Der Kalk löst sich auf. Wir kennen das von der Kaffeemaschine, die wir mit Essig(säure) entkalken. Dieser Umstand aber wirft ein neues Licht auf die anthropogenen CO2-Emissionen: Unabhängig davon, wie man zum Klimawandel steht - der CO2-Ausstoss muss reduziert werden.

Die kaum gebremsten Kohlendioxid-Emissionen haben nicht nur in der Atmosphäre ihre Folgen, sondern auch in den Meeren. Etwa die Hälfte des CO2, das die Menschen seit Beginn der industriellen Revolution freigesetzt haben, ist in den Weltmeeren gelandet, wie Forscher der britischen Royal Society schon im Sommer 2005 betonten. Ein Teil des Kohlendioxids, das sich in den Ozeanen auflöst, wird dabei zu Kohlensäure - und greift alles an, was Kalk enthält.
Betroffen sind davon vor allem Muscheln und Korallen. Doch nicht nur sie: In den Gewässern um den Südpol etwa bilden sich winzige Schalentiere, die zum Plankton gehören und die Basis der Nahrungskette im Meer darstellen. Deren kalkhaltige Anteilewerdenebenfalls unter der Säureattacke zu leiden haben. Der erhöhte Kohlensäuregehaltbeeinträchtig auch das Phytoplankton, winzige pflanzliche Organismen, die im Wasser treiben.
Ken Caldeira von der Washingtoner Carnegie Institution hat jetzt in Fossilien nach vergleichbaren Vorgängen in der Erdgeschichte gesucht - und ist fündig geworden. Die Chemie der Ozeane hat sich seinen Daten zufolge vor etwa 65 Millionen Jahren ähnlich dramatisch verändert wie heute - also genau zu der Zeit, als die Dinosaurier ausstarben.
"Die geologische Geschichte zeigt, dass die chemischen Folgen der Versauerung der Ozeane Zehntausende Jahre andauern können", sagte Caldeira. "Aber die biologische Erholung könnte Jahrmillionen in Anspruch nehmen. Die Ozean-Versauerung hat das Potenzial, viele Arten im Meer auszulöschen." (Spiegel)

Montag, März 20, 2006

Rauchzeichen V

Da häufen sich also die Hinweise, wie verheerend sich die Klimaerwärmung auswirken wird. In der Schweiz werden jedes Jahr Zehntausende Kinder und Erwachsene neu chronisch krank - der Luftverschmutzung zum Opfer gefallen.
Doch unsere PolitikerInnen haben nichts Besseres zu tun, als das Rauchverbot zuoberst auf die Traktandenliste zu setzen.
Wunderlich, wunderlich.

Wärmere Meere - heftigere Stürme

Nicht erst seit "Katrina" wurde der Verdacht geäussert: Die höhere Oberflächentemperatur der Ozeane, eine Folge der globalen Klimaerwärmung, ist verantwortlich für die zunehmende Heftigkeit der Stürme.Forscher des Georgia Institute of Technology (GIT) haben das Auftreten und die Heftigkeit von Wirbelstürmen zwischen 1970 und 2004 untersucht. In dieser Zeit hat sich die Zahl der schweren Stürme fast verdoppelt. Nach dem Ausschliessen anderer Faktoren kamen sie zum schluss, dass lediglich die Erwärmung der Ozeane zu diesem Trend geführt haben kann:

Über diese Zunahme hatten Forscher um Peter Webster vom Git im vergangenen Jahr berichtet. Webster ist nun auch einer der Autoren der neuen Studie, die am gestrigen Donnerstag in der Online-Ausgabe des Magazins «Science» erschien. Mit Hilfe statistischer Modelle haben die Forscher Faktoren untersucht, die die Entstehung schwerer Stürme wie etwa des Hurrikans Katrina begünstigen.
Dazu gehören Unterschiede der Windstärke und –richtung in verschiedenen Höhen und die Luftfeuchtigkeit in der unteren Atmosphäre. Auch Windbedingungen, die Luftwirbel leichter entstehen lassen, können zu besonders starken Stürmen beitragen. «Es gibt bei diesen Faktoren jedoch keinen globalen Trend über diese 35 Jahre», wird Hoyos in einer Mitteilung des Git zitiert. Sie haben nur kurzfristige Variationen verursacht und nicht zur langfristigen Zunahme der Sturmintensitäten beitragen können, sagen die Wissenschaftler.
Netzeitung

Mittwoch, März 15, 2006

Gastkommentar von Marianne Weno: Du bist das Klima!

Du bist das Klima ...
15.3.2006
Eine Ansichtssache von Marianne Weno

Energiesparen ist wieder im Gespräch. Der Bundesumweltminister bemerkte kürzlich, wenn wir auf alle Stand-by-Schaltungen verzichten würden, könnten wir zwei Atomkraftwerke abschalten. Ja, wenn ...
Die meisten von uns verzichten eben nicht, auch nicht auf die überflüssigsten Dinge. Nicht auf die spritsaufenden Geländewagen, nicht auf die alljährliche Flugreise um die halbe Welt, nicht darauf, im Winter auf beheizten Caféterrassen zu sitzen. Sie verdrängen, was sie über den Klimawandel wissen, obwohl die Auswirkungen immer näher kommen. Gründe dafür sind auch falsche Signale aus der Politik. Energiewende – vorgedacht und vergessen.
Vor einem Vierteljahrhundert erschien das Buch Energiewende aus dem Freiburger Ökoinstitut, in dem die Autoren Szenarien für bessere Energienutzung und alternative Energieversorgung entwarfen. Damals, 1980, ging es hauptsächlich darum, die Abhängigkeiten von Öl und Atom zu beenden. Zum ersten Mal tauchte das Wort vom Energiesparen als ergiebigster Energiequelle auf. 1995 veröffentlichten Ernst Ulrich von Weizsäcker und zwei amerikanische Mitautoren Faktor vier, das noch detaillierter beschrieb, wie allein durch mehr Energieeffizienz „doppelter Wohlstand bei halbiertem Naturverbrauch“ möglich wäre. Das alles erschien ebenso schlüssig wie utopisch. Würde, was praktisch möglich war, sich politisch durchsetzen lassen? Während bei den erneuerbaren Energien sehr langsam einiges in Bewegung gekommen ist, blieb die „Energieeffizienz“ größtenteils in den Ansätzen stecken. Zwar hat die Industrie aus Kostengründen viel getan, um ihren Energieverbrauch zu reduzieren, aber wie zu erwarten war, sind die grundlegenden Strukturveränderungen im Lande am Widerstand der Energiewirtschaft gescheitert. Kleinere dezentrale Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Koppelung passten ebenso wenig ins Konzept wie das Energiesparen allgemein. Auch Rot-grün war hier ziemlich machtlos.
Die Logik des Verdrängens
Energiesparen ist nicht nur Technik, sondern auch Psychologie. Ohne die Bereitschaft der Bürger, nach ihren Kräften etwas für das Klima zu tun, werden wir unsere Einsparziele nicht erreichen. So lange es nicht als peinlich gilt, mit Vierradantrieb zum Briefkasten zu fahren und Energieverschwendung allgemein nicht geächtet wird, werden sich auch die Kommunen nicht von unsinnigen Projekten abbringen lassen. Was antwortet heute jemand, den man fragt, ob er nicht einen Teil seiner weihnachtlichen Lichterketten abmontieren will? „Dann seht euch doch mal in der Stadt um“. Auf die Frage, ob er nicht die Heizung um ein Grad drosseln könnte, wird er vielleicht an den Tropenpark in der Cargolifter-Halle erinnern, die gegen jede Wärmeschutzverordnung im Sommer und Winter auf Tropentemperatur aufgeheizt wird.
Wären wir wirklich unglücklicher ohne Eishäuser und Kunstschneepisten? Blieben Lebensträume unerfüllt, wenn wir nicht mal schnell und superbillig nach London fliegen könnten? Ab und zu lesen wir in der Zeitung, wie lange es dauern wird, bis der Golfstrom versiegt, oder was es bedeutet, wenn die Gletscher verschwinden. Aber niemand fordert uns auf, Konsequenzen zu ziehen. Wir sehen Wirbelstürme und Überschwemmungen im Fernsehen, aber akzeptieren wir einen Zusammenhang mit unserem Verhalten? Nein, im Zweifel haben wir dafür andere Sündenböcke. Aufklärung ist nicht erwünscht und findet auch kaum statt. Wir sollen konsumieren und uns nicht zu viele Gedanken machen.
Bis heute lassen sich Politiker bei Automessen gern in den größten Schlitten fotografieren. Die Medien folgen bereitwillig dieser Linie. So sind kritische Umweltsendungen im Fernsehen, wie seinerzeit Globus, längst eingestellt. Nirgends gibt es Appelle, die schlimmste Verschwendung einzustellen. Die Politik redet vom Energiesparen so unverbindlich wie von „Nachhaltigkeit“. Wie wäre es mal mit einer Kampagne: „DU BIST DAS KLIMA“?
Autorin: Marianne Weno für Newsletter der Stiftung Berlin
Florentin Krause, Hartmut Bossel, Karl-Friedrich Müller-Reißmann: Energie-Wende, Wachstum und Wohlstand ohne Erdöl und Uran. Ein Alternativ-Bericht des Öko-Instituts Freiburg. S. Fischer, 1980.
Ernst Ulrich von Weizsäcker, Amory B. Lovins und L. Hunter Lovins: Faktor vier, Droemer Knaur, 1995

Samstag, März 04, 2006

Jetzt auch am Südpol: Rasante Eisschmelze - Dafür trocknet Afrika aus

Die Antarktis schmilzt, Afrika trocknet aus: Zwei neue wissenschaftliche Studien zum Klimawandel sagen einen massiven Schmelzprozess am eisigen Südpol voraus und warnen vor schwerem Wassermangel auf dem drittgrößten Kontinent der Erde.
Die Antarktis schmilzt: Entgegen der Erwartung schrumpft die Eismasse am Südpol durch den Klimawandel statt zu wachsen. Seit 2002 hat die Antarktis nach Messungen von US-Forschern jährlich bis zu 152 Kubikkilometer Eis verloren - das entspricht dem 50fachen Wasserverbrauch der Zehn-Millionen-Metropole Los Angeles.
Der UN-Klimarat Ipcc (Intergovernmental Panel on Climate Change) hatte 2001 noch genau das Gegenteil vorausgesagt: Nach seiner Prognose sollten die antarktischen Eismassen im Zuge der globalen Erwärmung im 21. Jahrhundert wachsen, weil durch den Klimawandel dort auch steigende Niederschläge erwartet werden. Der massive Schmelzprozess findet vor allem an der Eisdecke im Westen der Antarktis statt, berichten Isabella Velicogna und John Wahr von der Universität von Kalifornien in Pasadena auf Grund von Satellitenmessungen. Jährlich habe er den Meeresspiegel weltweit um etwa 0,4 Millimeter angehoben, schreiben sie im Fachjournal "Science" (DOI: 10.1126/science.1123785). Allein diese westliche Eisdecke würde demnach den Meeresspiegel um rund sieben Meter anheben, falls sie einmal ganz abschmelzen sollte. Noch schlimmer wäre das Abbröckeln der Eisdecke im Osten der Antarktis: Sie ist acht Mal größer als die westliche.
Dies das Resultat der einen Studie. Weils halt grad so schön zum Automobilsalon mit den immer grösseren Kisten passt.Wie in diesem Forum schon öfter geschrieben wurde, wird sich der Klimawandel bei uns infolge der Verlangsamung des Golfstroms in zunehmender Kälte äussern. Wer jetzt aber meint, er wandere dann halt gen Süden aus, hat sich geschnitten. Durch den steigenden Meeresspiegel wird der Lebensraum in Italien erheblich reduziert, und noch weiter südlich siehts so aus:
Afrika hingegen droht bei einem ungebremsten Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase eine trockene Zukunft. Bis zum Ende des Jahrhunderts dürfte ein Viertel des Kontinents laut einer Studie südafrikanischer Forscher von schwerem Wassermangel geplagt werden. Die ebenfalls von "Science" (DOI: 10.1126/science.1119929) veröffentlichte Untersuchung geht davon aus, dass viele Flüsse und Seen mangels ausreichender Niederschläge austrocknen werden. Am schlimmsten betroffen wären dicht besiedelte Gebiete im Süden und Westen des Kontinents sowie Regionen am Oberlauf des Nils.
Für die Berechnungen verknüpften die Forscher um Maarten de Wit und Jacek Stankiewicz von der Universität Kapstadt Daten über Afrikas Flüsse und Seen mit verschiedenen Klimawandel-Szenarien. Sie unterteilten den Kontinent dazu in ein Raster von 37 Rechtecken, für die die jährlichen Niederschläge separat untersucht wurden. Die Wissenschaftler mahnen dazu, dass Politiker in Ländern mit grenzüberschreitenden Gewässern in Zukunft mehr als bisher den Zugang zum kostbaren Nass regeln müssen.
Fröhliche Aussichten.
Die Hiobsbotschaften mehren sich, doch immer noch fehlt sehr vielen unserer MitbürgerInnen die Einsicht, dass es nicht mehr so weitergehen kann wie bisher. Es stellt sich schon die Frage: Macht Autofahren blind oder blöd? Oder beides?

Mittwoch, Februar 15, 2006

Das wirtschaftliche Potenzial des Umweltschutzes

Umweltschutz · Neue Zahlen belegen: Der volkswirtschaftliche Nutzen des Umweltschutzes übersteigt die Kosten deutlich - obwohl diese hoch sind.


Einsprachen von Verbänden gegen neue Möbelmärkte und Einkaufszentren, Proteste gegen Umzonungen wie in Galmiz - was liegt näher, als den Schweizer Umweltschutz als Wirtschafsverhinderer anzuprangern? Tatsächlich ist der Umweltschutz aber mehr ein Wirtschaftsförderer als ein -verhinderer. Allein der volkswirtschaftliche Nutzen geht in die Milliarden. So beläuft sich der Wert der Umweltschutzausgaben von Privaten und Unternehmen auf 6,7 Mrd Fr. pro Jahr. Dies sind 1,6% des Schweizer Bruttoinlandproduktes. Und es gibt im Umweltschutzbereich laut Mohr 61 000 Vollzeitstellen. Summiert man die Verwendung der Arbeits- und Kapitaleinkommen des Ökosektors, also die wirtschaftlichen Folgeeffekte, dazu, wächst der Betrag auf 17,1 Mrd Fr. Hinzu kommen Umweltschutzgüter im Wert von 1,4 Mrd Fr., welche die Schweiz jährlich exportiert. Dies entspricht 12 500 Vollzeitstellen.


Als hätten wir es nicht immer schon geahnt: Auch der neoliberalen Leier, dass Umweltschutz nur koste, aber nix bringe, kann locker entgegengehalten werden. Dies hat das Bafu bereits letzten Sommer an einer Tagung nachgewiesen.


Milliardenkosten eingespart


Auch betriebswirtschaftlich fällt die Bilanz positiv aus. Mit Umweltschutzmassnahmen können die Abfallmenge, der Schadstoffausstoss und der Energie- oder Rohstoffbedarf einer Firma kostenwirksam reduziert werden.Ein Nutzen aus dem Umweltschutz resultiert auch in Form verhinderter Kosten. Arthur Mohr, Leiter Abteilung Ökonomie und Forschung im Bafu, nennt die Luftreinhaltung als Beispiel. "Mit einer Luftbelastung auf dem Niveau von 1970 wären die Gesundheitskosten im Jahr 2002 1 Mrd Fr. höher gewesen." Dies entspräche 0,2% des Bruttoinlandprodukts. Dank Umweltschutzmassnahmen konnten von 1970 bis 2002 Gesundheitskosten von insgesamt 16 Mrd Fr. vermieden werden. Nebst dem direkt messbaren Profit generiert der Umweltschutz durch die verbesserte Lebensqualität auch indirekten wirtschaftlichen Nutzen. Davon profitiert etwa der Tourismus, aber auch der Wirtschaftsstandort Schweiz. (Handelszeitung)


Die WOZ brachte es letzten Sommer schön auf den Punkt. Und sprach auch das Verbandsbeschwerderecht an:
Die Bauwirtschaft trägt etwa zehn Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) von über 422 Milliarden Franken bei. Und vom BIP kann höchstens ein halbes Promille mit dem Verbandsbeschwerderecht in Verbindung gebracht werden. Das Verbandsbeschwerderecht ist also nicht relevant für das Wachstum der Schweizer Wirtschaft.

Aus den USA kommen unerwartet positive Zeichen: General Electric startete 2005 eine Umweltschutzinitiative.

Ob da unser Klimarappen reicht?


Freitag, Februar 03, 2006

Neue Studien zur Klimaerwärmung - USA setzen Wissenschaftler unter Druck


Ob alle den (dringend nötigen) Diskussionen um den Feinstaub ging ein Thema fast vergessen, das uns mindestens so sehr unter den Nägeln brennt: die Klimaerwärmung.
Letzte Woche hat die Nasa berichtet, 2005 sei das wärmste Jahr seit Aufzeichnung der Klimadaten gewesen. Und eine Studie aus Grossbritannien warnt unter anderem vor dem Abschmelzen der Eiskappe in Grönland, was erheblichen Einfluss auf den Golfstrom und die Erhöhung des Meeresspiegels zur Folge haben könnte.
Näheres
hier.
Eine wissenschaftliche Arbeit über die Auswirkungen der Meeresströmungen auf das Klima findet sich auf dem
Hamburger Bildungsserver.
Wir dürfen nicht vergessen, dass die heute emittierten Treibhausgase 15 bis 30 Jahre brauchen, bis sie klimaaktiv werden.
Handeln tut jetzt Not!
Euer Vampyroteuthis

Feinstaub - Gastkommentar von worldtraveller

Die Feinstaub-Diskussion zeigt doch wieder einmal mit aller Deutlichkeit, wie (un)fähig unsere (gewählten!) Kantons- und Bundespolitiker sind.
Ein Szenario in 12 Akten:
1. Es werden Grenzwerte erlassen, die gesetzlich verbindlich sind.
2. Es herrscht Winterwetter mit einem stabilen Hoch über der Schweiz.
3. Die Grenzwerte werden überschritten, massiv, nicht an einem Tag, sondern während Wochen.
4. Moritz Leuenberger findet, man könne zurzeit nicht viel tun, empfiehlt aber den Kantonen, selbständig Lösungen zu treffen, auf regionaler Ebene.
5. Die Kantone finden, im Alleingang könne man nichts tun, und es brauche verbindliche Richtlinien aus Bern.
6. Die Feinstaubwerte in der Luft sind inzwischen 3x höher als der Grenzwert.
7. Der Ball wird hin und her geschoben, es wird viel geredet, aber nichts gemacht. Typisch Bundesbern, typisch Kantönligeist.
8. Ein Monat später: 20% der Bevölkerung sind durch Feinstaub an Krebs erkrankt oder leiden an Atemwegserkrankungen, die Krankenkassenprämien steigen rasant.
9. Bund und Kantone sind sich endlich einig: Sofortmassnahmen bringen nichts. Derweil steigen die Todesfälle durch Krebs.
10. 3 Jahre später: Nachdem das Problem der Feinstaubbelastung in Wintermonaten im Parlament behandelt werden konnte und sich viele Parteivertreter dazu äussern wollten, konnte das Traktandum nicht ordnungsgemäss in der laufenden Session erledigt werden. Eine Fortsetzung ist erst in der nächsten Session möglich.
11. 5 Jahre später: Die Feinstaubbelastung in der Schweiz hat in den Wintermonaten solche Ausmasse erreicht, dass inzwischen jeder 3. Schweizer an Lungenkrebs stirbt, obwohl inzwischen totales Rauchverbot herrscht. Das Parlament ist nicht mehr beschlussfähig, weil der Krebstod auch vor Parlamentariern nicht Halt macht.
12. 6 Jahre später: Der Bundesrat beschliesst Sofortmassnahmen: Jeder an Lungenkrebs Gestorbene, der nachweisen kann, dass sein Tod durch Lungenkrebs auf zu hohe Feinstaubbelastung zurückzuführen ist, kann die Bestattungskosten von den Bundessteuern abziehen, nicht aber von der Staats- und Gemeindesteuer. Der Nachweis ist persönlich zu erbringen.

Dienstag, Januar 31, 2006

Rauchzeichen IV - meine Antwort

Sehr geehrter Herr X
Danke für die Antwort. Ich gehe mit Ihrer Rechnung nicht ganz einig.

Die von Ihnen zitierte Studie besagt auch, dass von den erwähnten 3,8 Mrd. Franken, die die Raucher der Wirtschaft durch Krankheit, Tod oder Invalidität verursachen, ebendiese Raucher 2,8 Mrd. tragen. Dazu subventionieren wir die AHV der Nichtrauchenden mit 1,5 Mrd. pro Jahr, den freiwilligen Verzicht auf fünf bis zehn Jahre Lebenserwartung, also AHV-Bezug, eingerechnet. Damit die CSS (Autorin der Studie) überhaupt auf den hohen Betrag kam, musste sie noch 5 Mrd. Franken Kosten durch die Verminderung der Lebensqualität einrechnen, die wir aber auch selber tragen. Meine Lebensqualität wird durch das Rauchen aber nur insofern beeinflusst, als ich von den Heiligen Kriegern wider den Tabak bald überall verscheucht werde.

Und natürlich ist es mein Recht, mich selbst zu schädigen. Wenn dem nicht so wäre, würde sich das BAG ja schon längst gegen den Sport wenden (z.B. mehrere Tausend schwere Skiunfälle jede Woche).
Nicht ganz klar ist mir, weshalb sich das BAG immer mit der Ausrede, für die Luftverschmutzung sei nur das Bafu zuständig, aus der Affäre zu ziehen versucht. Kernaufgabe des BAG ist die Volksgesundheit und die Kontrolle der Kosten im Gesundheitswesen. Und hier spielt die Luftverschmutzung eine wesentliche Rolle.
Weshalb also erfüllt das BAG seine Pflicht nicht und äussert sich in keiner Weise zu dem Thema? 40 000 neue chronisch Kranke im Jahr, das sollte doch wenigstens einen Eintrag auf der Website wert sein!!
Noch einmal: Was ich meiner eigenen Gesundheit antue, das geht nur mich etwas an. Solange Sport in jeder Form erlaubt ist, die Menschen essen können, was sie wollen, so viel trinken können, wie sie wollen und das Atmen an und für sich krank macht, hat mir niemand dreinzureden. Also können Sie nur mit den am Passivrauchen Verstorbenen argumentieren, und dann sehen die Zahlen ganz anders aus. Und wie Sie selbst sagen, es fehlen die Grundlagen.
Ich empfinde die einseitige Beschneidung meiner Freiheit als groben Verstoss gegen meine Persönlichkeitsrechte. Wenn denn, zum Beispiel, das Bedürfnis nach rauchfreien Beizen so gross ist, warum haben wir dann in unserer Marktwirtschaft nicht viel mehr rauchfreie Lokale? Ist es nicht viel eher so, dass Raucher konsumationsfreudiger sind und so oder so den grösseren Teil des Umsatzes liefern? Werden Sie, bevor Sie mit maximalen Forderungen an die Öffentlichkeit treten, erst die tatsächlichen Bedürfnisse und die möglichen Folgen abklären? Ist Ihnen bewusst, dass laut ZDF in New York bereits 200 Clubs schliessen mussten, weil die Nachbarn den Lärm der vor der Tür versammelten Raucher wie Nichtraucher nicht aushielten? Wissen Sie, wie viele Lokale es gibt, in denen nur Raucher verkehren, und zwar in der Gastig wie beim Personal? Und vergessen Sie nicht: Ich kann wählen, ob ich in ein verrauchtes Lokal gehe. Der Luftverschmutzung kann man aber nirgends ausweichen.

Und noch einmal: Woher kommt der Irrglaube, das Bundesamt für GESUNDHEIT habe mit den gesundheitlichen Auswirkungen der Luftverschmutzung nichts zu tun? Ist es tatsächlich, wie Sie sagen, weil es halt einfacher ist, gegen die Raucher zu kämpfen?

Ich bin, wie Sie merken, mit Ihrer Antwort nicht zufrieden und harre deshalb gespannt Ihrer Stellungnahme.

Rauchzeichen III - die Antwort des BAG

Ich gebe die Antwort hier im Wortlaut wieder, sie spricht für sich selbst. Zur Ehrenrettung sei gesagt, dass es sich beim Autor wohl um einen Westschweizer handelt. Ich würde auch nicht französisch schreiben wollen.
Guten Tag Herr Pirelli
Vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Anfrage. Die Luftverschmutzung fällt in die Kompetenz des Bundesamts für Umwelt, dassoeben einen Aktionsplan gegen die Feinstaubverschmutzung lanciert hat -siehe die Pressemitteilung:www.umwelt-schweiz.ch/ buwal /de / medien/presse/ artikel/20060116/01216/index.html
Anders als die Luftverschmutzung, welche von unzähligen Faktoren verursacht wird und nur schwer verhindert werden kann, lässt sich die Luftverschmutzung in Innenräumen leichter bekämpfen. Das wichtigste Faktor - Passivrauch -lässt sich an der Quelle ganz und kostenlos verhindern, zumal ein Wille dazu vorhanden ist. In der Schweiz sterben jährlich mehrere hundert Personen wegen dem Passivrauchen vorzeitig. Dies ist eine erste, konservative Schätzung - eine genauere Zahl gibt es nicht, weil es noch keine spezifische Studie geführt worden ist. Auf jedem Fall sind es mehr Todesfälle als wegen AIDS, illegale Drogen oder Gewaltakten verursacht werden. Die Luftverschmutzung lässt sich nicht ganz und einfach vermeiden, ausser Verkehr, Heizungen und industrielle Aktivitäten usw. gänzlich eingestellt werden. Sogar Landregionen sind stark betroffen. Und übrigens: Gewöhnlich verrauchte Restaurants erreichen Feinstaubwerte, welche meistens über die hohen, kürzlich in der Presse thematisierte Werte übersteigen. Die Kosten des Rauchens belaufen sich auf 10 Milliarden, davon 1,2 Milliarden für die Behandlung tabakbedingter Krankheiten und 3,8 Milliarden infolge von Produktivitätsverlust. Rauchen ist die wichtigste, vermeindbare Todesursache in der Schweiz und in Europa.
Mit freundlichem Gruss

Samstag, Januar 28, 2006

Rauchzeichen II

Ich bin Raucher. Aber: Ich besitze kein Auto, ich unternehme nie Flugreisen. Ich kaufe bevorzugt regionale, umweltfreundlich produzierte Produkte und schränke meinen Energieverbrauch ein, wo es nur geht. Ich esse keine Meeresfrüchte, fahre nicht Ski und setze mich aktiv dafür ein, dass Themen wie Luftverschmutzung und Klimawandel in der Öffentlichkeit verstärkt wahrgenommen werden. Meine Ökobilanz ist um ein Vielfaches besser als die der Herren Zeltner (Direktor Bundesamt für Gesundheit) und Gutzwiller (Schweizer Vorzeige-Präventivmediziner) - oder wie die Heiligen Krieger wider den Tabak sonstwo heissen mögen - mit ihren dauernden Flugreisen und dicken Autos.
Trotzdem bin ich der Böse. Wie kann es sein, dass ein SUV-Besitzer, der drei Tonnen Blech bewegt, um sein kümmerliches Ego aufzublasen und fortzubewegen, sich über meine Raucherei beschweren kann und ihm die herrschende Moral auch noch Recht gibt?
Fragen über Fragen. Einige Aufklärung über die Widersprüche der momentan stattfindenden Hetzjagd findet sich hier in diesem "Freitag.de"-Artikel.

Eiszeit durch Klimaerwärmung

Wiederholt wurde ich gefragt, wie der jetzige kalte Winter zum Stichwort "Klimaerwärmung" passt. Nun, einerseits bildet natürlich ein einzelner kalter Winter noch keine genügende Datenbasis, weder zur Bestätigung noch zur Widerlegung des Trends.
Andererseits aber wird der Klimawandel in Europa mittelfristig nicht zu einer Erwärmung, sondern zu mehr Kälte führen. Der Grund dafür liegt beim Golfstrom. Diese Wärmepumpe schafft unablässig warmes Wasser aus den Tropen nach Europa. Angetrieben wird er durch das absinkende kalte Salzwasser in der Arktis: Das Wasser sinkt und "saugt" warmes Wasser nach. Da nun aber die Eiskappen auf Grönland und auf dem Nordpol immer schneller schmelzen, dringt mehr Süsswasser ins Meer. Das enststehende Gemisch hat eine geringere Dichte, weswegen das kalte Wasser weniger schnell sinkt, was wiederum die Pumpe drosselt. In der Folge kommt weniger warmes Wasser nach Europa, was zum scheinbaren Paradoxon führt, dass die Klimaerwärmung uns mehr Kälte bringt.

Genauere Informationen finden sich hier in diesem sehr lesenswerten "Spiegel"-Artikel.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/erde/0,1518,387715,00.html

Freitag, Januar 27, 2006

Offener Brief an das Bundesamt für Gesundheit: Wahrnehmungsverschiebung

Guten Tag

Ich wende mich wieder einmal an Sie, obwohl mich die Erfahrung leider lehrte, dass die Chancen auf eine Antwort innert nützlicher Frist recht gering sind. Ich werde aber nicht locker lassen.
Bitte erklären Sie mir Folgendes: Allein der Feinstaub fordert in der Schweiz mindestens 3700 Opfer pro Jahr. Dagegen nimmt sich die Zahl von 120 bis 150 angeblichen Passivrauchopfern doch recht bescheiden aus. Die Luftverschmutzung belastet das Gesundheitswesen mit 6,7 Mrd. Franken pro Jahr (Tabak: rund 1 Mrd.), sie stammt zu über der Hälfte vom Verkehr, was heisst, dass wir bei rund 3,5 Mio. Motorfahrzeugen in der Schweiz jedes einzelne davon mit 1000 Franken pro Jahr aus dem Gesundheitswesen subventionieren. Das BAG gibt zwar Millionen aus für Antiraucherkampagnen, die Luftverschmutzung taucht aber auf seiner Website nicht einmal auf.

Wie kommt das? Wie können Sie behaupten, Radon sei mit 200 bis 300 Toten nach dem Rauchen die zweithäufigste Lungenkrebsursache? Wir wissen, dass die Partikel aufgrund ihrer zerklüfteten Struktur Giftstoffe bis in die Lungenbläschen transportieren und dort unter anderem zu Lungenkrebs führen. Davon, dass sie sich in den Erythrozyten einlagern und so sogar die Blut-Hirn-Schranke überwinden, ganz zu schweigen. Weshalb ist das für das Bundesamt für Gesundheit kein Thema? Weshalb setzen Sie sich nicht für die 40000 jedes Jahr neu an chronischer Bronchitis und Asthma Erkrankenden ein? Die Hälfte davon sind Kinder! Die Reduktion der Feinstaubbelastung um 20 Mikrogramm würde die Anzahl der Erkrankungen fast um die Hälfte reduzieren. Wieso nehmen Sie Felix Gutzwiller nicht in die Pflicht und fragen nach, weshalb er Ja zum Avanti-Gegenvorschlag gestimmt hat? Der Präventivmediziner, der so eng mit Ihrer Stelle zusammenarbeitet, wollte die zweite Röhre am Gotthard!
Mittlerweile liegen mehrere Studien vor, die die Auswirkungen der Luftverschmutzung auf die Volksgesundheit genau beziffern. Für die Volksgesundheit ist aber Ihr Amt zuständig. Warum also unternehmen Sie nichts?

Ich harre sehr gespannt Ihrer Stellungnahme und grüsse freundlich.
Ihr Vampyroteuthis

Offener Brief an Felix Gutzwiller: Rauchzeichen - wenn FDP-Politiker nach staatlicher Intervention rufen

Sehr geehrter Herr Gutzwiller

Einmal mehr wende ich mich an Sie, um über Ihre m. E. mangelnde Glaubwürdigkeit zu klagen. Nach wie vor ignorieren Sie die Luftverschmutzung und beschränken Ihr Engagement auf den Krieg gegen die Rauchenden.
Nun plane ich, das Thema "Luftverschmutzung und Stellvertreterkrieg" dieses Jahr mit einer Reihe von Veranstaltungen in die Öffentlichkeit zu tragen. Selbstverständlich wird Ihr Name dabei häufig fallen, zu sehr bieten Sie sich als Zielscheibe an, als fleischgewordener Beweis der heute üblichen Scheinheiligkeit.

Deshalb will ich Ihnen vorgängig die Möglichkeit zur Stellungnahme bieten und bitte Sie deshalb um ein weniges Ihrer wertvollen Zeit.

Ich attestiere Ihnen mangelnde Glaubwürdigkeit in zwei Punkten:
Erstens haben Sie sich als Präventivmediziner, soweit mir bekannt, noch nie zur Luftverschmutzung (ausser der in Innenräumen) geäussert, ja, Sie haben sogar für die zweite Gotthardröhre gestimmt (die Fraktionsdisziplin, ein Kreuz). Nun verursacht die Luftverschmutzung aber Gesundheitskosten in der Höhe von
6,7 Mrd. Franken, 40 000 Menschen werden jedes Jahr neu chronisch krank, die Hälfte davon Kinder. Für Sie kein Thema, ebenso wenig wie für das BAG oder Pro Aere. Mehrere Mrd. Franken Ernteausfälle in Land- und Forstwirtschaft - das nimmt der FDP-Politiker Gutzwiller einfach hin. In Deutschland, wo, wie Sie nicht müde werden zu berichten, angeblich 3000 Menschen im Jahr am Passivrauchen sterben, fallen in derselben Zeitspanne 65 000 Menschen dem Feinstaub zum Opfer. (Was für einen Wagen fahren denn Sie, Herr Gutzwiller? Wie viele Flugreisen unternehmen Sie, wie heizen Sie Ihr Haus?) Es müsste einen FDP-Politiker doch alarmieren, wenn er weiss, dass wir jedes Motorfahrzeug in der Schweiz mit 1000 Franken aus dem Gesundheitswesen subventionieren, und zwar jedes Jahr!

Doch das tut es nicht, der FDP-Vertreter zieht es vor, eine parlamentarische Initiative gegen das Rauchen einzureichen. Und damit komme ich zum zweiten Punkt. Derselbe Politiker, der sich mit der Fraktionsdisziplin bei Avanti aus seiner gesundheitspolitischen Verantwortung herauszureden versucht, fordert äusserst einschneidende staatliche Eingriffe in die unternehmerische Freiheit jedes einzelnen Wirtes. Wie bringen Sie das unter einen Hut? Die ungleich grössere Belastung nehmen Sie als gegeben hin, verschanzen sich - feig, wäre ich versucht zu sagen - hinter Parteiparolen, aber die Freiheit jedes dritten erwachsenen Schweizers anzutasten, schafft Ihnen kein Problem? Und wenn es Ihnen um die Volksgesundheit ginge, warum prangern Sie Fast und Convenience Food nicht an? Warum engagieren Sie sich nicht gegen Wintersport? Mehrere Tausend schwere Unfälle pro Woche könnten so vermieden werden, von den positiven Auswirkungen auf die geschundene Bergwelt ganz zu schweigen. Stimmt ja, die Menschen haben das Recht, sich selbst zu schaden.
Ich will das etwas ausführen. Ich bin Raucher. Ich habe kein Auto, fliege nie in die Ferien, schränke meinen Energieverbrauch ein, soweit es geht. Ich kaufe bevorzugt regionale Produkte, fahre natürlich nicht Ski. Meine Ökobilanz sieht verglichen mit der Ihren sehr gut aus. Und ich verkehre in Lokalen, die fast ausschliesslich von Rauchern frequentiert werden. Auch das Personal raucht ausnahmslos. Doch mit Ihrem Rundumschlag wollen Sie uns das Zusammensein verunmöglichen. Nichtraucher gehen nicht nur weniger in Lokale, weil dort geraucht wird. Hercolani! Gerade Ihnen als FDP-Politiker müsste doch klar sein, dass wir in unserer Marktwirtschaft längst mehr Nichtraucherbeizen hätten, wäre das Bedürfnis tatsächlich so gross! Raucher sind ganz generell konsumationsfreudiger als Nichtrauchende, sie konsumieren sogar regelmässig ein Produkt, dass ihre Gesundheit ernsthaft gefährden kann! Es ist mir egal, wie viele Speiselokale rauchfrei werden, ich gehe zwischen den Gängen ohnehin vor die Tür zum Rauchen, weil mir die olfaktorischen Auswirkungen bewusst sind. Aber Gastgewerbe und Tabakkonsum sind durch die Geschichte untrennbar verbunden, und deshalb gibt es auch entsprechende Lokale. Halt, das ist Ihnen ja bewusst, Sie wollen Ihrer Klientel die Möglichkeit, Zigarren öffentlich zu rauchen, nicht nehmen! Weshalb darf es dann keine Beizen für uns Zigarettenprolos mehr geben?

Und Sie verdrängen die Auswirkungen. Gemäss ZDF mussten in New York über 200 Clubs schliessen. Nicht weil die Raucher nicht mehr gekommen wären, sondern weil die Nachbarn - zu Recht - über den Lärm der vor der Tür versammelten Raucher wie Nichtraucher klagten. Selbiges wird aus Irland berichtet, im Quartier meiner Bekannten in Dublin gingen schon drei Pubs zu deswegen. Müsste das den FDP-Politiker nicht davor warnen, allzu freigiebig mit staatlicher Regulation um sich zu werfen? Überhaupt Irland: Da frohlocken die Antirauchermissionare, die Restaurants hätten keine Umsatzeinbusse, weil weniger Bier, dafür mehr Essen und Wein verkauft würden. Hallo? Zwei Drittel der Lokale in Irland sind Pubs, da gibts höchstens Snacks, und der Hauptumsatz wird mit Bier gemacht! Und viele dieser Pubs sind tatsächlich in ihrer Existenz bedroht, weil Nichtrauchende halt weniger häufig ausgehen und Rauchende, wie ich es auch tun würde, sich lieber zuhause, wo das Rauchen erlaubt ist, mit ihren FreundInnen treffen. Und der Lärm ... Was glauben Sie, wie das in der reichlich intoleranten Schweiz ausgehen wird? All die Rauchenden vor den Türen - würden Sie da in Nachbarschaft zu einer Beiz leben wollen? In fünf Jahren wird fast die Hälfte der Trinklokale geschlossen sein, der Initiative eines FDP-Politikers zum Dank. (Diese Schätzung beruht auf einer Erfassung der Lage der entsprechenden Lokale in Luzern.)

Und es geht Ihnen ja nicht darum, dass die Leute weniger rauchten. Die Auswirkungen auf die AHV wären fatal (minus 1,5 Mrd. Franken pro Jahr, Stand 2006, davon, dass wir im Schnitt 5 Jahre Lebenserwartung, also AHV-Bezug freiwillig abgeben, spreche ich noch nicht einmal), allein die vom BAG vorgesehenen regelmässigen Preiserhöhungen bringen dem Bund Mehreinnahmen von über 300 Mio. Franken jährlich. Deshalb auch der aktuelle Zwist BAG - EFD, bei dem es nun wirklich nicht um den Schmuggel geht, wie (FDP-)Bundesrat Merz im Oktober 2004 dem Tagi sagte. "Wir brauchen das Geld."Auch hier wäre der FDP-Politiker Gutzwiller gefordert, sonst stets schnell mit liberalen Parolen zur Hand: Kein Konsumprodukt ist von Staates wegen so überteuert wie der Tabak. Wie würden Sie sich stellen, wenn man im Verkehr endlich Kostenwahrheit schaffte und der Liter Benzin 4 Franken kostete? Diese Frage brauchen Sie nicht zu beantworten, ich weiss, was Sie und Ihre Fraktion davon hielten.

Herr Gutzwiller, ich werde wie gesagt Ihren Namen und Ihr Verhalten in Zukunft häufig zitieren. Wenn Sie also versuchen möchten, mir Ihre Motivation, den dreifachen Rittberger mit gestreckter Schraube zu erklären, den Sie als FDP-Vertreter, der eigentlich keiner ist, sobald es ihm passt, und als Präventivmediziner, der missliebige Fakten mit Leichtigkeit ignoriert, vollziehen, hier ist die Gelegenheit.

Und seien Sie gewiss: Ich lasse nicht locker.

Besten Gruss

Vampyrotheutis

Erster Schritt

Wir machen uns viel vor, sehen, was wir sehen wollen, und nicht, was ist. Sehr deutlich wurde es mir bei Diskussionen über zum Beispiel Klimawandel oder Luftverschmutzung. Themen, über die ich mir einiges an Kompetenz angelesen habe. Auch gebildete Menschen unterziehen sich einem eigenartigen Denkverbot, sobald der Verdacht aufkommt, sie müssten liebgewonnene Gewohnheiten ändern, um den aktuellen Gegebenheiten zu genügen.
Man hört dann Sachen wie "Der Klimawandel ist nicht schlimm", "Wir Menschen haben nichts zu tun damit", "Das mit dem Feinstaub ist eine Hysterie, angestachelt, um neue Abgaben eintreiben zu können" und so weiter.

Wenn ich dann mit Fakten aus der Wissenschaft konterte, wurde immer erst die Unabhängigkeit der Studien angezweifelt, und wenn ihnen dann die Felle davonschwammen, weil sich die angezweifelte Studie durch weitere Forschungsergebnisse erhärten liess, reagierten die meisten mit derselben Strategie: Die Fakten wurden zu Meinungen herabgewürdigt, und in einer Demokratie sind alle Meinungen gleich viel wert, also muss man wissenschaftliche Fakten nicht mehr ernst nehmen, da sie ja nur die Meinung einer ideologieverblendeten Minderheit abbilden.

Neulich ist mir eine Geschichte widerfahren, die genau diesen Mechanismus wunderschön illustriert:

Ich wollte Winterschuhe kaufen. In einem Geschäft sah ich einen schwarzen Stiefel, mit synthetischem Lammfell gefüttert, auf dem der Name "Che Guevara" als Label prangte, dazu das berühmte Foto. Ich nahm den Schuh, ging zu der Verkäuferin und fragte sie, was denn ein Dschungelkämpfer mit Synthofellfutter anfangen sollte. Sie erwiderte, soweit sie wisse, sei Che Guevara ein italienischer Schuhmacher.
Ich sagte, nein, das sei der Wegbegleiter von Fidel Castro gewesen bei der Kubanischen Revolution, man habe ihn 1967 in Bolivien erschossen.
Die Verkäuferin, in die Defensive gedrängt, weil sie merkte, dass ich zu dem Thema halt einfach mehr wusste:

"Sie haben Ihre Meinung, und ich habe meine!"

Ich widme dieses Blog allen italienischen Schuhmachern.